Hautveränderungen bei Cameliden, häufig sind es die Milben

Besonders im Frühjahr und im Sommer 2005 sind in unserer Praxis häufig Alpakas mit Hautveränderungen vorgestellt worden. Meist bestanden die Veränderungen schon seit langer Zeit und wurden dann mit dem Scheren festgestellt. Diese Tiere sind in der Regel ohne Juckreiz gewesen, die Haut zeigte aber die Veränderungen langer bestehender Beeinträchtigungen. So sind häufig im Bereich der Innenschenkel und am Bauch veränderte Hautpartien entdeckt worden. Sie alle haben Verdickungen, dunkele Verfärbungen und Schrundungen gezeigt, die typisch für die so genannte Elefantenhaut ist. Auch bei anderen Tierarten ist das ein Indiz für ein langbestehendes Problem.

Aber auch Tiere mit Juckreiz sind in unserer Praxis vorgestellt worden. Diese Tiere schupperten sich häufig im Bereich des Kopfes und des Unterbauches. Bei diesen Tieren ist die so genannte Elefantenhaut nicht vorhanden gewesen, der Körper aber zeigte an den betroffenen Stellen eine schwächere Behaarung. Auffällig ist im Bereich des Kopfes, ins- besonders der Nase und im Bereich der Augen der deutliche Fellverlust gewesen.

Typische Hautveränderungen bei starken Milbenbefall
an Nase, Ohren, Augenpartie und Unterbauch

Besonders bei Juckreiz kommen Erreger als Ursache in Frage. Das können in erster Linie Bakterien, Viren, Pilze und Ektoparasiten sein, wobei die zwei zuletzt genannten Erreger vor allem bei Klauentieren, als die am häufigsten auftretenden Verursacher diagnostiziert werden. Theoretisch können bei Juckreiz ursächlich auch Allergien und Autoimmunerkrankungen sein, dann aber sind meist nur Einzeltiere betroffen.

Zur Diagnosefindung wird bei uns neben einer eingehenden Untersuchung der Hautoberfläche auf sichtbare Ektoparasiten (Zecken, Haarlinge, Läuse, Fliegen, Mücken) nach Möglichkeit ein Hautgeschabsel genommen. Hierbei wird im Bereich einer deutlichen Hautveränderung eine Hautfalte gequetscht und nach Möglichkeit der Übergang von der „veränderten“ zur „gesunden“ Hautpartie genommen. Dann wird mit dem Skalpell mehrmals kräftig die oberflächliche Hautpartie abgeschabt. Die Tiefe des Geschabsels sollte möglichst bis zum Austritt von Blut erfolgen. Bei richtiger Entnahme klebt am Schluss eine deutliche Menge Haut an der Klinge.

Um dem Labor genug Material zur Verfügung stellen zu können, empfiehlt es sich, mehrere Skalpellklingen zu verwenden. Dann lässt man das Hautgeschabsel im Labor bakteriologisch, mykologisch (Untersuchung auf Pilze) und parasitologisch untersuchen. Die Interpretation des Untersuchungsbefundes ist aber nicht ganz so einfach. So spielt der Nachweis von Bakterien meist keine Rolle, da Tiere immer eine gewisse Anzahl von Bakterien auf ihrer Haut aufweisen. Diese werden dann meist in Form einer so genannten Mischflora im Labor nachgewiesen und stellen keinen Grund zur Beunruhigung dar. Lediglich der Nachweis einer bestimmten Bakterienspezies in Reinkultur und großer Anzahl, sollte bei der Interpretation des Befundes berücksichtigt werden.

Bakterien bei Klauentieren treten dabei aber am Häufigsten als Sekundärinfektionen einer vorgeschädigten infizierten Haut auf. Stets ist ein positiver mykologischer Nachweis zu beachten, da eine gesunde Haut frei von Pilzen sein sollte und daher eine Behandlung gegen Pilze bedingt. Erschwerend kommt hinzu, dass ein negativer parasitologischer Befund nicht bedeutet muss, dass Milben nicht doch als Verursacher in Frage kommen. Aufgrund der Größe einer Milbe kann es sein, dass sich gerade im Bereich des Hautgeschabsels keine Milbe befunden hat. Gibt es einen positiven Milbenbefund bedeutet das für die Einleitung von Therapiemaßnahmen, das folgende Maßnahmen mit herangezogen werden müssen: das klinische Erscheinungsbild, der labordiagnostische Befund, die derzeitige Herdensituation und auch die Erfahrung der Halter und des Tierarztes. Sind Milben beim Hautgeschabsel nachgewiesen, so handelte es sich bei uns häufig um die so genannten Chorioptes-Milben. Das sind ca. 300-600µm lange Milben mit kauenden Mundwerkzeugen und kelchförmigen Haftglocken an den Beinenden. Die Entwicklung der Milben läuft dabei über die Stationen Ei, Larve, 2 Nymphenstadien hin zur erwachsenen Milbe.



Psoroptesmilben unter dem Mikroskop

räudemilbe

Räudemilbe

Die Gesamtentwicklung dauert ca. 3 Wochen. Die Milben, einschließlich der Entwicklungs-Stadien, leben auf der Haut und nehmen mit ihren Mundwerkzeugen Hautzellen, Talg und Exsudat als Nahrung auf. Deshalb werden die Chorioptes-Milben auch als “Nagemilben“ oder Schuppen fressende Milben bezeichnet. Die Übertragung der Milben erfolgt von Tier zu Tier hauptsächlich durch den direkten Kontakt. Die Milben können beispielsweise aber auch durch Putzzeug, Geräte, Wollfetzen oder aus einer kontaminierten Umgebung wie z.B. Ställe oder Fahrzeuge auf die Tiere übergehen (indirekte Übertragung). Die Überlebenszeit abseits des Wirtes beträgt in der Regel mindestens 3 Wochen. Ansteckungsquellen sind oft nicht sichtbar infizierte Tiere aus dem eigenen oder einem fremden Bestand (Einschleppung z.B. über den Zukauf von Tieren, vorübergehende Einstellung von Zuchttieren, Tiertransport, Vermischung von Tiergruppen, Ausstellungen). Prädisponierende Faktoren sind eine hohe Besatzdichte, Lichtmangel und bei Stallhaltung ungünstiges Stallklima (feuchte Wärme). Die Milben lösen bei einem Befall beim Tier eine Hypersensitivitätsreaktion aus. Deren folgen sind starker Juckreiz, oberflächliche Hautentzündung, Verdickung der Haut, Verhornung und Schuppenbildung. Die sichtbaren Zeichen einer Infektion sind somit Juckreiz, Haarausfall, Hautrötung, Auftreten von Schuppen, Krusten und Borken. Vereinzelt wurden bei unseren Untersuchungen neben den Chorioptes-Milben auch Demodex-Milben nachgewiesen. Diese Milben leben direkt in der Haut und können ebenfalls zu hochgradigen Hautveränderungen und Juckreiz führen. Neben den erwähnten Chorioptes- und Demodex-Milben können bei Cameliden auch noch Psoroptes- und Sarcoptes-Milben vorkommen.


Typische Hypersensitivitätsreaktionen mit Juckreiz und starker Hautrötung bei Milbenbefall
Besonders im Bereich der Klauen kann es bedingt durch den Milbenbefall und der Zunahme der Hautdicke durch Schrundenbildung zu einer starken sekundären Infektion des Zwischenklauenspaltes mit Bakterien kommen. Parallel muss dann diese zur eigentlichen Milbenproblematik mitbehandelt werden. Dies wird noch unterstützt, wenn sich die Tiere auf feuchteren Weiden aufhalten. Das konnte bei Weiden mit hohem Grasbewuchs und bei stark schattigen Weiden festgestellt werden. Betroffene Tiere sollten daher eher auf sonnige Weiden mit niedrigem Grasbewuchs gestellt werden. Die Tiere müssen bei ihrer Behandlung gegen den Milbenbefall auch eine lokale Behandlung des Zwischenklauenspaltes erhalten. Aufgrund der schlechten Belüftung der Haut an diesen Stellen ist eine Behandlung hier sehr schwierig und vor allem langwierig.


Infektionen des Zwischenklauenspaltes bei Milbenbefall

Die eigentliche Behandlung der Milben erfolgt am Besten mit Ivermectinpräparaten, wie sie auch bei der Entwurmung eingesetzt werden. Zurzeit gibt es in Deutschland für Cameliden kein zugelassenes Ivermectinpräparat, so dass eine Behandlung mit diesen Präparaten nur über die Therapienotstandsregelung möglich ist. Dabei reicht eine einmalige Behandlung aufgrund des Entwicklungzyklus der Milben nicht aus und müssen mehrfach wiederholt werden. Wiederholungen können je nach Stärke der Veränderungen im Wochen- oder Zweiwochen-abstand erfolgen. Bis zu zehn Behandlungen können erforderlich sein bis eine deutlich sichtbare Besserung eintritt. Die sichtbaren Hautveränderungen bleiben längere zeit erkennbar, da sich die Haut erst erneuern muss. In der Kleintiermedizin spielen Milben-Probleme bei einigen Hunden eine große Rolle und können dort mehrmalige Behandlungen bis zu 6 Monaten notwendig machen. Besonders bei Hautveränderungen gilt, dass eine Erkrankung genau die Dauer zum abzuheilen braucht, wie bei ihrer Entstehung. Wichtig ist dabei zu wissen, dass sich Milben besonders bei Störungen und Beeinträchtigungen des Immunsystems hochschaukeln können. Als bekanntes Beispiel gilt z.B. beim Menschen die sogenannte“Milbennase“, die häufig bei alkoholkranken Menschen gefunden wird. Notwendig werden also auch Parallelbehandlungen mit einer Stärkung des Immunsystems. Das kann mit einer optimalen Fütterung mit regelmäßigen Vitamin- und Zinkgaben und der Gabe von Paramunitätsinduzern (Zylexis) unterstützt werden. Bei Hunden gibt es aufgrund einer permanenten Beeinträchtigung des Immunsystems auch Fälle, wo Tiere euthanasiert werden müssen. Da die Rolle des Immunsystems bei der Ausbreitung der Milben von Bedeutung ist, besteht eine Gefahr der Ausbreitung einer Milbenerkrankung besonders bei alten und geschwächten Tieren und vor allem sind hier Fohlen mit Milbenproblemen gefährdet. Häufig wird bei Cameliden bei Hautveränderungen schnell vom Zinkmangel gesprochen. Das mag in einigen Fällen auch richtig sein und empfohlen ist bei Hautveränderungen ist ja die Versorgung der Tiere über das Futter mit Vitaminen und Zink, aber bei den von uns behandelten Tieren wurde auf eine extra Zinksupplementation verzichtet. Trotzdem trat eine deutliche Besserung oder Heilung der Symptomatik ein.

Dr. Ralph Kobera
Fachtierarzt für Rinder

Tögelstraße 8
01257 Dresden
Mail:ralph.kobera@freenet.de



Dr. Angela Enge
Fachtierärztin für Parasitologie
Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen

Sachsen Jägerstraße 8/ 10
01099 Dresden